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T.T.Heinze 1846-1945
Geschichte eines niederschlesischen Industrieunternehmens

Teil 5: Epilog
Stand 2014 09 02

Epilog I
Der oben berichtete Aufstieg, der gegen zwei Wirtschaftskrisen und die Lasten des ersten Weltkriegs durchgesetzt werden konnte und zum Wohlstand von Stadt und Land beitrug, wäre durch die Qualität der Anlagen oder die Befähigung der Mitarbeiter und Leitung des Unternehmens allein nicht zu erklären. Er beruht vielmehr auf der strukturierten und befriedigenden Eingebundenheit der Mitarbeiter und insbesondere der führenden Angestellten in das Unternehmen und auf Hingabe der Unternehmergenerationen an ihr Werk auch im Sinne eines Dienstes an Gesellschaft, Gemeinde und Staat. Er verdankt sich ferner einer zuverlässigen Wirtschafts-Infrastruktur (Post, Bahn, Verwaltung, Ausbildungseinrichtungen) und einer über weite Strecken beständigen und verlässlichen, von allgemeiner Überzeugung getragenen Wirtschaftsordnung, in der Transparenz und Verbindlichkeit von Gesetz und Vertrag sowie Verantwortlichkeit der Beteiligten vorherrschte. Diese Vorbedingungen bleiben im Kern unverändert gültig, auch wenn sieh die technische, soziologische, gesellschaftliche, administrative und staatliche Umwelt während der vergangenen Jahrzehnte zum Teil grundstürzend geändert hat.

Ähnlich wie T.T.Heinze haben andere Brieger Unternehmen zu der durch dieses System ermöglichten Blüte der Stadt und des Landes beigetragen, namentlich die Zuckerfabrik NEUGEBAUER, die Maschinenfabriken PZILLAS und GÜTTLER & Co., die Lederfabrik F.W. MOLL AG und die Geschäftsbücherfabrik W. LOEWENTHAL A.G. Die letztere geriet 1932/1934 in Konkurs, wurde aber womöglich letztlich Opfer der nationalsozialistischen Judenverfolgung; jedenfalls floh die Familie Loewenthal 1937 nach England. Das Unternehmen wurde in die Firma "Briag" umgegründet. (Vgl. im Einzelnen die Fußnote betreffend Fa. Loewenthal.) Für T.T.Heinze bedeutete das nicht etwa eine Erleichterung, sondern eine Verschärfung der Wettbewerbslage, indem eine politisch unterstützte an die Stelle einer rein wettbewerblich agierende Konkurrenz trat. Der Verlust Schlesiens machte den Brieger Unternehmen unterschiedslos ein Ende. Der Firma T.T.Heinze blieb versagt, die Bewährungsprobe des fast plötzlichen Wegfalls des Bedarfs an Geschäftsbüchern infolge elektronischer Techniken ab ca 1960 und der Revolution der Drucktechnik zu bestehen.

Im April 1945 geriet Rudolf Heinze als "Volkssturm"-Offizier (Reserveoffizier des ersten Weltkriegs) in russische Kriegsgefangenschaft bis Herbst 1946. Nach seiner Entlassung nach Heidelberg sammelt er mehrere hundert Anschriften der über West- und Mitteldeutschland verstreuten Belegschaft und nimmt mit Vielen Kontakt auf. Er bemüht sich mehr als ein Jahrzehnt lang vergeblich, zunächst von Heidelberg aus bei der Baden-Württembergischen und nach seinem Umzug im Jahre 1950 nach Aichach in Oberbayern bei den Bayerischen und Schleswig-Holsteinischen Landesregierungen auf Grund im einzelnen ausgearbeiteter Investitions-und Anlaufpläne um Aufbaukredite für ein Werk mit 50 bis 300 Arbeitsplätzen (62). Er erhielt schließlich ein Aufbaudarlehen von 4000 DM. Es glang eine kurze Produktionsaufnahme in kleinstem Ausmaß (Kladden A 5 und A 4) der Fa. T.T.Heinze in Aichach (Oberbayern). Der Ansatz konnte nicht entwickelt werden.

Rudolf Heinze ist am 23.3.1971 in Buchen (Odenwald) gestorben. Auf Antrag von Elfriede und Loni Heinze (Erben nach Rudolf und Georg Heinze) und Klaus Guckel (Enkel von Hugo Heinze und Erbe nach Erich Heinze) wurde die Firma am 11.9.1975 im Handelsregister des Amtsgerichts Augsburg gelöscht (63).

Die jüngeren Mitarbeiter der Fa. T.T. Heinze sowie die Nachkommen der älteren Mitarbeiter und die "gesetzlichen" Erben der Eigentümer haben, unabhängig vom ehemaligen Besitzstand aber - zum Teil vielleicht unbewußt - in dem von Unternehmungslust, Verantwortung, Fleiß und Sparsamkeit geprägten zupackenden Geist ihrer Vorfahren, ihr eigenes Auskommen woanders erarbeitet.

Mögen die Werke der Vertriebenen und ihrer Vorfahren in Schlesien noch lange dem friedlichen Nutzen derjenigen dienen, die - zum Teil selbst ähnlich wie jene Nachkommen Opfer furchtbarer "Ideologien" - sich diese Werke durch Wiederaufbau oder Reparatur und gute Pflege zu eigen gemacht haben und weiter zu eigen machen.

Die Solidargemeinschaft Rest-Deutschlands, das bald seinen wirtschaftlichen Wiederaufstieg bewerkstelligen konnte, hat ab den 1950er Jahren einen Lastenausgleich organisiert, der auch Rudolf Heinze und seiner Frau durch eine lebenslange Rente ein bescheidenes Auskommen ermöglichte. Sie erhielten auch eine Lastenausgleichs-Hauptentschädigung im Wert eines geringen Bruchteils (nicht etwa, wie Lastenausgleichspolitik glauben machen wollte, auch nur annähernd der Hälfte) des verlorenen Vermögens.
Epilog II
Die als Folge von Kriegseinwirkungen schwer beschädigten Gebäude der Fa. T.T. Heinze wurden nach Kriegsende von den polnischen Besitzern repariert oder wiederaufgebaut.
Haupteingang 2009

Die Fabrikgebäude und die Villa 1890/1900 wurden nach Instandsetzung diversen Nutzungen zugeführt, sie dienten eine Zeitlang der Herstellung von Kleinmotoren (Ankerwickelei ?), nämlich wohl mindestens bis 1960 (61), später wurden die Gebäude der Nutzung durch verschiedene Betriebe des Groß- und Einzelhandels (Möbel, Textilien) zugeführt. Das Gebäude A wurde für einen Supermarkt umgebaut. Im Gebäude L arbeitet eine Klavierfabrik. Ein Straßenanschluß an die Logaustraße wurde neu geschaffen. In der Villa 1900 haben unter anderem Arztpraxen Platz gefunden. Vielleicht wäre ein Teil der Fabrikgebäude auch ohne Besitzwechsel infolge des schon erwähnten Rückgangs des Bedarfs an Geschäftsbüchern ähnlichen Nutzungen zugeführt worden, der sie heute zum großen Teil dienen. Die Villa 1926, die schon vor Eintreffen der russischen Truppen geplündert worden war, diente mehrere Jahre lang als Kindergarten, dann vorübergehend einem Betrieb der elektronischen Technik, der sie teilweise renovierte. Danach stand sie viele Jahre lang leer. Sie wurde am 20.11.1997 - offenbar jedenfalls zunächst vergeblich - zum Verkauf angeboten (64). Im Jahre 1991 war die "Villa 1926" noch ganz gut erhalten. Im Inneren wurde sie später von polnischen Besitzern sehr gut renoviert, was durch die hervorragende Substanz aller Bauteile erleichtert wurde. Kurz nach der "Wende" suchte der Autor Erinnerung und fand das alte Wappen an der Haustür. Das Haus hatte auch wieder (oder noch ?) einen Hausmeister.

Eingang Autor Wappen Hausmeister Der große Garten lag noch nach 2005 brach, nachdem er eine Zeitlang teilweise zum erwähnten Kindergarten gehört hatte.

In ihrem 90. Lebensjahr 2016 stand die Villa Baujahr 1926 wieder zum Verkauf an. Nunmehr sind die Fensterhöhlen offen, Innenputz und Geschossdecken können das nicht lange aushalten, bald lässt sich nur noch die wahrscheinlich weiterhin brauchbare Bausubstanz verwenden.

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Im Jahre 2018 brannte das Dachgeschoss aus. Alsbald danach begannen Renovierungsarbeiten und noch im Sommer 2018 sahen Dach und Fassade wieder so aus wie im Jahre 1926, nur hatten die Dachziegel ursprünglich eine dunkle Farbe.

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Epilog III
Anläßlich der Veröffentlchung dieser homepage im Internet sah der Verfasser, daß bei jedem Aufruf der Seite mit Hilfe des „Google“-Programms in unmittelbarer Nähe zur Anzeige seiner homepage stets folgende Anzeige erscheint:

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Die Einleitung dieser Veröffentlichung bezieht sich darauf, dass es neben Konzentrationslagern weitere Haftstätten gab, "in denen die Haftbedingungen in wesentlichen Punkten denen in Konzentrationslagern glichen, obwohl sie damals nicht zum System der NS-Konzentrationslager gehörten. Aus diesem Grunde sieht das Stiftungsgesetz die Möglichkeit vor, weitere Haftstätten in diese Gruppe einzustufen. § 12 Absatz 1 des Stiftungsgesetzes legt fest, dass dafür folgende drei Merkmale gegeben sein müssen:

– Unmenschliche Haftbedingungen
– Unzureichende Ernährung
– Fehlende medizinische Versorgung."

Die Veröffentlichung legt daher die Deutung nahe, bei T.T.Heinze habe es sich um Haftstätte gehandelt, in der die Haftbedingungen denen in Konzentrationslagern glichen.

Der Verfasser ist dem nachgegangen, mit folgendem Ergebnis:

Die EVZ ("Erinnerung-Verantwortung-Zukunft") ist eine Stiftung der Bundesrepublik Deutschland zur Verteilung von 4,4 Mrd Euro als zu anderen gesetzlichen Leistungen hinzutretende Entschädigungsleistung wegen Zwangsarbeit, die unter dem nationalsozialistischen Regime unter unmenschlichen Bedingungen geleistet wurde. Die Stiftung tritt behördenähnich auf.

Der Aufnahme der Fa. T.T.Heinze in ihr "Haftstättenverzeichnis" beruht nach Nr. 1527 dieses Verzeichnisses auf einem "Beschluß vom 20.06.2003 (Beschluss zu Justizhaftanstalten im Deutschen Reich)." Dieser nicht veröffentlichte Beschluss wurde dem Verfasser dieser homepage auf seine Bitte nicht bekannt gegeben. Vielmehr ergibt sich aus den diesem Verfasser von der EVZ erteilten Auskünften, dass dem Eintrag nichts anderes zugrunde liegt als ein Vermerk des Reichsjustizministeriums von 8.3.1944, wonach Justizhäftlinge in einem Außenkommando des Zuchthauses Brieg zur Arbeit bei dieser Firma abgestellt waren.

Richtig ist, daß zwischen 1943 und 1945 "bei" den Henschel-Flugzeugwerken, die nach Beschlagnahme von Gelände und Gebäuden der Fa. Heinze auf und in diesen tätig waren, Zwangsarbeiter in erheblichem Umfang und in diesem Zusammenhang gelegentlich auch ca ein Dutzend Zuchthausinsassen bei T.T.Heinze beschäftigt waren, die von Justizvollzugspersonal zur Arbeit verbracht und dort beaufsichtigt wurden. Darüber hinaus hat weder die EVZ noch sonst jemand jemals auch nur behauptet geschweige denn festgestellt, daß bei Firma T.T.Heinze andere als kriminelle Zwangsarbeiter tätig waren, geschweige denn dass diese Firma für deren unmenschliche Behandlung verantwortlich gewesen sei. (Vgl. im einzelnen die der EVZ gewidmete Fußnote zu dieser Seite).

Demnach stellt die Veröffentlichung der EVZ eine unwahrhaftige und ungerechtfertigte, diffamierende und diskriminierende Anprangerung des Familiennamens dar. Der Eintrag entspricht nicht den allgemeinen Mindestanforderungen an Wahrheitsfindung und sie entspricht auch nicht der Verantwortung, die staatlichen Einrichtungen nicht nur für historische Wahrheit sondern auch für die Wahrung der berechtigten Interessen von Deutschen obliegt, die Vorwürfen betreffend Zwangsarbeit ausgesetz sein können.

Der Verfasser dieser homepage läßt sich von niemandem im Bewußtsein der Notwendigkeit von Erinnerung und Verantwortung insbesondere als Grundlage für die Zukunftsgestaltung übertreffen. Er ist aber der Meinung, daß sie auf die Weise der vorliegenden homepage besser verwirklicht werden können als durch die in der vorstehend zitierten Fußnote behandelte Gesetzgebung und durch ihren Vollzug mittels Anprangerung von Familiennamen in einem Haftstättenverzeichnis.

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[1=1846 bis 1900; 2=Ausbau seit 1897; 3=Zenith; 4=Diktatur und Zusammenbruch; 5=Epilog]