Teil 2: Entwicklung zur größten Geschäftsbücherfabrik Deutschlands (1900-1932)
1903 | Mit der in Teil I beschriebenen Errichtung der Gebäude begann der Aufbau des unten beschriebenen Maschinenparks und eine rasante Vermehrung der Belegschaft. |
1904 | Errichtung des Gebäudes K |
1906/07 | Ausbau der Stromversorgungsanlage für die Fabrikanlagen und die "alte" Villa von 1890/1900 mit einem Gasmotor, einem Generator und einem Dynamo (ca 110 PS). Vermutlich wurde zugleich eine erste Speicher-Akkumulatorenanlage errichtet. Kraft wurde unter anderem für den Betrieb der zentralen Transmissionsanlage (über Wellen, Transmissionsräder und Lederriemen) benötigt, über die die meisten der großen Maschinen in verschiedenen Fabrikräumen betrieben wurden. |
1907 | Errichtung des Gebäudes L. Einbau von Fahrstühlen. |
1907 17.2. |
1907 17.2. Gesellschaftsvertrag Theodor und Hugo Heinze (Offene Handelsgesellschaft 50:50)(17). |
1909 | Bis 1909 war eine imposante Fabrikanlage entstanden
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1909/1911 | Die Belegschaft hat die Zahl von 1000 Mitarbeitern überschritten
![]() 1911 waren es bereits 1100 ![]() |
1911 | Errichtung des Gebäudes LL. Einbau weiterer Fahrstühle. |
ab 1911 | Der Grundstücks- und der Gebäudebestand blieb seit 1911 bis Januar 1945 fast unverändert (abgesehen von der Errichtung der zweiten "neuen" Villa 1926). |
1913 | Die Belegschaft zählte nach Aufzeichnungen von Rudolf Heinze ca 1200 Arbeiter und 120 Angestellte. |
1914 28.2. |
Hugo Heinze gestorben; siehe Papierzeitung 1920 Nr. 99 rechts oben. |
1914 | Der Krieg und die Lage Deutschlands nach seinem Ende brachte einen erheblichen Einbruch, besonders auch bei den Exporten, als deren Folge sich die Belegschaft fast halbierte (19). Die Söhne von Theodor Heinze (Walter, Georg und Rudolf Heinze) leisteten das volle Maß des Kriegsdienstes ab. (20) |
1920 | Anschaffung eines weiteren Gasmotors . |
1920 23.11. |
Theodor Heinze (*24.8.1848 in Brieg) gestorben.(Hier abgebildet mit
seiner Frau Emma geb. Ibbach *13.6.1863 in Beuthen OS
+2.4.1923 in Brieg.)
![]() ![]() ![]() Die Aufnahme zeigt den Stadtrat und Stadtältesten Theodor Heinze kurz vor seinem Tod. Die Papier-Zeitung Nr. 99 Jahrgang 1920 schrieb zum Tod von Theodor Heinze: ![]() ![]() |
1921 28.7. |
Notarieller Gesellschaftsvertrag, Fortführung des Unternehmens mit einer
Eröffnungsbilanz
von 1,4 Mio RM (23), Ausscheiden aller Miterben
nach Theodor Heinze gegen Abgeltungsforderungen, mit Ausnahme zweier Söhne von
Theodor Heinze:
Rudolf Heinze (*8.3.1891, + 21.3.1971) (23a) (hier links abgebildet mit seiner Frau Elfriede geb. Weske, Aufnahme ca 1960) und Georg Heinze (hier rechts abgebildet mit seiner Frau Loni geb. Tückmantel (*1898, +1990), Aufnahme ca. 1920/25) ![]() ![]() und des Sohnes Erich von Hugo Heinze (dessen anderer Sohn Konrad war bereits verstorben). Der Vertrag sah den Eintritt entsprechend ausgebildeter Nachkommen der Mitinhaber in die Geschäftsführung vor. Das Unternehmen dürfte bereits seit dem Tode von Hugo Heinze als Kommanditgesellschaft anzusehen sein mit zunächst Theodor und nach seinem Tode Rudolf und Georg Heinze als persönlich haftende, geschäftsführende Gesellschafter (vgl. S. 2 un d 10 des unten erwähnten Reichsgerichtsurteils vom 17.7.1944). |
Zum Produktionsbereich: Produziert wurden
Geschäftsbücher , insbesondere Durchschreibbücher,
Journale mit verschiedener Zahl an Spalten (Konten), Kontobücher aller Art (Oktav-,
Quartformat),
Folio-, Kassa-, Hauptbücher, Registerbücher, Wechselkopierbücher, Lohn- und Gehaltsbücher,
Vereinsbücher, viele Artikel in
elegantem und damals sehr beliebtem Ersatzwachstucheinband lieferbar, Briefjournale,
Oktav Notizbücher, Taschenkalender, Alben,
Büroschreibartikel, Schulartikel (Hefte, Stundenpläne, Aufgabenhefte, Zeichenblocks),
Formulare (z.B. Rechnungen, Quittungen,
Zoll-, Post- unf Bahnformulare), Kartei- und Leitkarten, Postkarten, Noten- und
Skizzenbücher, Speisen- und Weinkarten,
Bonbücher und -Blocks und vieles andere mehr. Ein besonders aufwendiges und wertvolles
Produkt war das sogenannte amerikanische Journal. Ältere erinnern sich an diese
Bücher, die bei ca 50 Spalten aufgeklappt mehr als einen Meter in der Breite und mehr
als 30 cm in der Höhe maßen. Die Blätter waren
quer und längs rot und blau liniert, teilweise mit (auswechselbaren) schwarzen
Spaltenüberschriften und Seitenzahlen bedruckt.
![]() ![]() ![]() Dazu kam später die Kontenrahmeneinrichtung, eine Erfindung zur Erleichterung der Mehrfachbuchhaltung im Durchschreibverfahren. Eine Übersicht über Teile des Sortiments ergeben einige Preislisten, leider vorwiegend aus der Inflastionszeit, die ermittelt werden konnten. Besonders wurde das Angebot für Sonderanfertigungen gepflegt, die in kürzester Zeit geliefert wurden, so zum Beispiel auch Lebensmittelkarten (26) und Notgeld in Notzeiten. Die Beschaffenheit einzelner Artikel, stets in hoher Qualität, und (von Inflationszeiten abgesehen) und damit der Produktionseinrichtungen, aber auch die Preise der Produkte konnten vielfach mehr als 10 Jahre lang unverändert beibehalten werden. Hauptproduktionsbereiche waren die Liniererei, die Buchdruckerei und die Buchbinderei. Ein von der Offizin Haag-Drugulin, München, bei youtube eingestelltes Video vermittelt einen guten Eindruck vom Betrieb einer Bleisatzdruckerei. Eine der ersten Druckmaschinen ist oben in Abschn. 1 dargestellt. Die Maschinen wurden mit der Zeit größer: Die Firma Koenig und Bauer (Würzburg), bei der T.T.Heinze eine Reihe von Maschinen bezogen hat, stellte freundlicherweise Abbildungen der in den 1920er Jahren hergestellten Druckmaschinen zur Verfügung. ![]() ![]() ![]() Einen Eindruck von einem Druckmaschinensaal (die Säle bei T.T.Heinze waren schöner) vermittelt Wikipedia ![]() Zum Vergleich mit heute üblichen Maschinen klick hier. Kein Buch kommt zustande ohne Buchbinderei und vielfältige andere Papier- und Pappbearbeitung. Die ungewöhnlich umfangreichen Papier-, Pappen-, Halb- und Fertigwarenlager ermöglichten eine rasche Erledigung von Sonderaufträgen und die sofortige Erledigung von Routinebestellungen. Darauf beruhte neben der Qualität und Preiswürdigkeit der Erzeugnisse die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens (vgl. die Aufzeichnungen des Werkmeisters Willi Brauch. Dem Versandt dienten eine Packerei und eine Zimmerei, die neben Einrichtungs- und Reparaturargbeiten Versandkisten herstellte. Hinzu kamen eine eigene Stromversorgung, mehrere weitere Werkstätten, Fuhrpark (bis zum Ende 1945 Pferderollwagen im Hinblick auf die Bahnhofsnähe) , eine Gärtnerei. Zur Verwaltung gehörte die Buchhaltung mit Personalverwaltung, eine Einkaufs- und Vertriebsorganisation (Handelsvertreter). |
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1926 | Errichtung einer Villa Dreiankerstr. 8 mit 11 Wohnräumen, Küche, Bad und
Hausmeisterwohnung.(31) Diese sog.
"neue Villa" ist auch auf dem oben abgebildeten Stich der Gesamtanlage von 1927
im Vordergrund zu sehen. Sie diente als Wohnung des Geschäftsführers, der die
Geschicke des Unternehmens durch die schwierige Nachkriegszeit überwiegend
bestimmt hat und bald allein bestimmen sollte. Es ist bezeichnend für das
damalige Selbstverständnis des Mithinhaber-Geschäftsführers eines nicht auf
Fremdkapital angewiesenen Industrieunternehmens, dass er sich
erst nach acht Jahren verantwortlicher Unternehmensleitung ein eigenes Haus
zubilligte und sich bis dahin, schon seit einigen Jahren mit drei Kindern, mit
einer mittelgroßen Etagenwohnung begnügte.
![]() ![]() Die Bebaung der Dreiankerstraße hatte nun die Gestalt, die sie bis 1944 behielt ![]() |
Hauptsächlich in die zweite Hälfte der 1920er Jahre dürfte die Anlage eines
Gartens mit einem Tennisplatz, einem Wäldchen und
großen Nutzflächen für Gemüse und rund 250 Obstbäume und mit einem Gewächshaus
fallen (32).
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1929 | Die Belegschaft betrug wieder 750 Personen und war damit nur wenig mehr als halb so groß wie vor dem Ersten Krieg, was allerdings zum Teil auf erhöhte Technisierung zurückzuführen sein dürfte. |
Ansichten der Fabrik von Südwesten
![]() ![]() ![]() Ansichten Haupttor, Innenhöfe ![]() ![]() ![]() ![]() Ansichten Werkstattstraße, Generatorenhaus, Feuertreppe ![]() ![]() ![]() |
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1932, 27.1. | Georg Heinze gestorben (34). Rudolf Heinze
bleibt persönlich haftender Gesellschafter. Die persönliche Haftung
weiterer Gesellschafter kann heute weder sicher angenommen noch
ausgeschlossen werden. Über die Geschäftsführungsbefugnis von Erben nach
Georg Heinze entstand später Streit, den das
Reichsgericht in letzer
Instanz am 17.7.1944 dahingehend entschieden hat, daß Rudolf Heinze
seit dem Tode
von Georg Heinze das Recht zur alleinigen Geschäftsführung zustand.
Ruolf Heinze war auch als Vorsitzender des 1919 gegründeten Brieger "Allgemeinen Arbeitgeberverbandes" und "Stadtverordneter" tätig (34a) |
1934 | Ausbau der Elektrizitätserzeugungsanlage durch Anschaffung einer
Koksförderungsanlage (35)
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